Sich weiterentwickeln heißt nicht automatisch aufsteigen. Wenn Du für dich die richtige Entscheidung triffst. Und vor allem den Automatismus hinterfragst, dass nur derjenige erfolgreich ist, der die sprichwörtliche Karriereleiter und -stufen hinaufsteigt
Immer öfter begegne ich Menschen, die in Ihrer Karriere entschieden haben, nicht noch weiter aufzusteigen und die nächste Hierarchiestufe zu nehmen. Sondern gewissermaßen stehen bleiben auf ihrem derzeitigen Posten. In den wenigsten Fällen hatten sie Bedenken, den höheren Job auszufüllen oder den Anforderungen und Rahmenbedingungen gerecht zu werden. Vielmehr war es ein bewusstes Abwägen und eine realistische Einschätzung des erforderlichen Inputs (meist mehr Zeit, mehr Verantwortung und Druck) versus des Outputs (meist „nur“ mehr Geld).
Eine bewusste Entscheidung – und zwar für eine bestimmte Balance, die sie zufriedenstellt. Und zufrieden macht, wenn diese Entscheidung dann respektiert und ohne Sanktionen akzeptiert wird.
Wie immer: Geschmacksache.
Karriere ganz nach Geschmack
Mir sind in diesem Zusammenhang zwei Dinge wichtig:
1. Es sind oft Situationen, in denen zum ersten Mal eine bewusste Entscheidung für einen anderen Weg, als der gewünschte oder vorgezeichnete getroffen wird. Viele Menschen verstehen „Karriere“ als beständiges Heraufklettern der besagten Leiter. Oft denkt und handelt das Umfeld genauso. Ein Strom, in den man in jungen Jahren eintaucht und mitschwimmt oder mitgetrieben wird. Wenn ich ehrlich bin, habe ich das in meiner Anfangszeit auch nie hinterfragt, sondern übernommen, als der „natürliche“ Weg erfolgreich zu sein. Und ringsum sah und hörte man von diesen „erfolgreichen Menschen“. Und Erfolg schafft automatisch Zufriedenheit – denkt man.
Jetzt könnte man einfach sagen „Jaaa, das war ja auch eine ganz andere Zeit“ (80er/90er). Mag stimmen. Hinterfragt habe ich das dennoch nicht. Manch einer erlebt das regelrecht als Befreiung, jetzt eine solche bewusste Entscheidung zu treffen. FÜR eine Konstellation, die einem wichtig genug ist, auf diejenigen Dinge zu verzichten, die bislang als Ziel und Maß der Dinge galten.
2. Und es ist eine bewusste Entscheidung für Qualität. Und zwar mit der Klarheit, was genau einen zufriedenstellt. Befriedigt. Erfüllt. Manchmal mehr Qualität, mehr Sinn, mehr Aufmerksamkeit für die Menschen ringsum. Kollegen, Mitarbeiter und natürlich Familie. Für mich ist das ein Kontrast zum bisherigen Zielspektrum des „Höher-Schneller-Weiter“, also quantitative Benefits. Erkennbar daran, dass die Möhre für den höheren Job mehr, Geld, mehr Mitarbeiter, mehr Macht ist. Eine Entscheidung für sich und nicht für eine/die Sache.
Gelassen die richtigen Entscheidungen treffen
Das setzt eine innere Reife voraus. Oder ein Reifeprozess, in dem den Gedanken Raum gelassen wird und Aufmerksamkeit zukommt, vielleicht genau jetzt SEINEN Platz gefunden zu haben. Im Job. Und vielleicht auch im Leben. Da bin ich. Das bin ich jetzt – nicht mehr, aber auch gar nicht weniger. Bei mir kamen da sofort die Zweifel mir selbst gegenüber hoch, ob ich nur zu bequem wurde, mich weiter für das zu engagieren, was ich in den ganzen Jahren zuvor betrieben habe: Karriere machen. Warum Stop? Wer macht so was? (war aber schnell geklärt). Und dann wars auch kein Problem, dass später der Vorstand meines Konzerns knapp 10 Jahre jünger war, als ich. Seine Entscheidung (und Möglichkeiten) und nicht meine. Meine ist jetzt eine andere. Basta!
Warum sind mir diese Dinge wichtig? Weil sie zeigen, sich man sich gegen diesen Strom zu stellen kann, gegen den Karriere-Sog, der vor allem von der Unternehmensführung aufgebracht wird. Das erfordert Stärke, Mut und auch Standhaftigkeit. Ein Stück weit „gegen“ das System. Oder anders gesagt: bewusst für sich.
Natürlich gibt es seit Jahren viele Modelle, die anders sind, als die typische Karriere – meist eine Führungslaufbahn. Und es gibt kluge Unternehmen, die Menschen nach ihren Fähigkeiten, Kenntnissen und auch persönliche Stärken und Vorlieben einsetzen und nicht nur in ein Karriere-Programm hineinpressen. Auch für diese Modelle gilt es, eine bewusste Entscheidung für sein eigenes Qualitäts-Spektrum zu treffen. Bin ich das? Will ich das? Will ich das wirklich? Macht es mich vollkommen zufrieden? Erfüllt es mich mit den Werten, die mir wichtig sind? Stimmt die Balance?
Nicht so einfach, die ehrlichen Antworten auf diese Fragen in sich zu finden, wenn man noch im Strom schwimmt und strampelt. Hilfreich ist eine Auszeit. Zeit für gute Gedanken, fürs Hineinspüren und auch für gute Gespräche. Das funktioniert gut mit jemanden, der das Set-up gut Job und Karriere kennt und in der Lage ist, es zusammen mit Dir zu hinterfragen. Job, Familie, Selbsterfüllung – mit allen Verpflichtungen. Dann können auch die Antworten klar gesehen werden. Trau Dich!